Die 10 häufigsten Abrechnungsfehler in der Physiotherapie – und wie Sie sie sicher vermeiden
Der Praxisalltag ist oft hektisch: spontane Absagen, voller Kalender, Terminverschiebungen. Da kann es schnell passieren, dass wichtige Details übersehen werden – und genau diese kleinen Details sorgen am Ende für Absetzungen durch die Krankenkassen.
Um Ihnen den Praxisalltag zu erleichtern, finden Sie hier die 10 häufigsten Abrechnungsfehler, praxisnah erklärt und vollständig faktenbasiert. Diese Übersicht hilft Ihnen, typische Stolpersteine sicher zu vermeiden.
1. Der Behandlungsbeginn erfolgt zu spät – und die Verordnung verliert ihre Gültigkeit
Bei jeder neuen Verordnung sollten Sie als Erstes das Ausstellungsdatum prüfen.
Die Heilmittel-Richtlinie ist eindeutig:
- Reguläre Verordnung: Beginn spätestens 28 Kalendertage nach Ausstellung
- Dringlicher Behandlungsbedarf: spätestens 14 Kalendertage
Ist diese Frist überschritten, ist die Verordnung nicht mehr abrechnungsfähig.
2. Entlassmanagement – die 7-Tage-Regel wird häufig übersehen
Verordnungen aus dem Krankenhaus werden im Praxisalltag leicht übersehen oder wie normale Verordnungen behandelt. Doch hier gelten ganz andere Fristen:
- Behandlungsbeginn: spätestens 7 Kalendertage nach Entlassung
- Gesamtgültigkeit: maximal 12 Kalendertage
Wenn Patient*innen erst spät anrufen oder das Entlassmanagement nicht auffällt, ist die Frist schnell überschritten.
Praxis-Tipp:
Markieren Sie Entlassmanagement-Verordnungen farblich oder mit einem Hinweis im System – diese Verordnungen müssen sofort eingeplant werden.
3. Unterbrechungen länger als 14 Tage – ohne dokumentierten Grund
Unterbrechungen sind im Praxisalltag normal: Krankheit, Urlaub, Feiertage, organisatorische Gründe.
Wichtig ist jedoch:
Ohne dokumentierten Grund darf die Behandlung nicht länger als 14 Tage unterbrochen werden.
Wenn der Grund nicht dokumentiert wird, gilt die Unterbrechung als „nicht zulässig“ – und die Verordnung ist gefährdet.
Praxis-Tipp:
Dokumentieren Sie jede längere Unterbrechung auf der Verordnung oder digital – Kurzvermerke wie „K“ (Krankheit), „U“ (Urlaub) reichen völlig aus.
4. Verspäteter Behandlungsbeginn: Wenn Terminengpässe die Verordnung gefährden
Gerade wenn der Terminkalender voll ist, beginnt die Behandlung manchmal erst nach Ablauf der zulässigen Frist. Doch: Die Frist ist verbindlich und kann nicht „nachträglich geheilt“ werden.
Praxis-Tipp:
Wenn abzusehen ist, dass der erste Termin innerhalb der Frist nicht möglich ist, informieren Sie die Patient*innen und empfehlen Sie eine neue Verordnung.
5. Blankoverordnung falsch behandelt
Blankoverordnungen bieten Ihnen ganz andere Freiheiten – werden jedoch häufig wie normale Verordnungen behandelt.
Die wichtigsten Fakten:
- Gültig bis zu 16 Wochen ab Ausstellung
- Eine Unterbrechung der Behandlung über 14 Kalendertage hinaus ist möglich und bedarf keiner besonderen Begründung
Wer hier die normalen Fristen anwendet, schränkt sich unnötig ein.
Praxis-Tipp:
Prüfen Sie sofort, ob es eine Blankoverordnung ist – und nutzen Sie die größere zeitliche Flexibilität.
6. Abrechnungsfrist nicht eingehalten
Ein häufiger, aber vermeidbarer Fehler: Die Abrechnung wird zu spät eingereicht.
Die gesetzliche Frist lautet:
- 9 Kalendermonate nach dem Monat der letzten Behandlung
Wird diese Frist verpasst, ist die gesamte Verordnung nicht mehr abrechenbar.
Praxis-Tipp:
Planen Sie monatliche Abrechnungsroutinen oder Erinnerungen ein – das schützt Sie vor unnötigen Ausfällen.
7. Unvollständige oder fehlerhafte Dokumentation auf der Rückseite
Viele Absetzungen passieren wegen:
- fehlender Datumsangaben
- unleserlicher Dokumentation
- fehlender Unterbrechungsbegründung
- vergessener Unterschriften
Die Rückseite einer Verordnung ist ein offizielles Abrechnungsdokument – jede Lücke kann Probleme verursachen.
Praxis-Tipp:
Erstellen Sie eine interne Checkliste:
Datum – Leistung – Unterschrift – Stempel – Unterbrechungen
Kurz, klar, sicher.
8. Ungewöhnlich lange Behandlungszeiträume als Risiko für Rückfragen der Kostenträger
Auch wenn es keine starre Maximaldauer gibt:
Die Behandlung muss zeitnah erfolgen.
In der Praxis gelten folgende Orientierungen:
- kleinere Verordnungen: ca. 3 Monate
- umfangreiche Verordnungen: ca. 6 Monate
Läuft eine Verordnung ein halbes Jahr oder länger „nebenher“, kann sie auffällig werden.
Praxis-Tipp:
Planen Sie die gesamte Serie bei Beginn durch und sprechen Sie Zeiträume mit Ihren Patient*innen ab.
9. Dokumentationsgenauigkeit: Pflichtfelder korrekt und vollständig ausfüllen
Fehler in Pflichtfeldern sind ein Klassiker – und führen fast immer zu Absetzungen:
- fehlendes Kreuz bei „dringlicher Behandlungsbedarf“
- fehlender oder falscher Behandlungsbeginn
- unvollständige Diagnosefelder
- fehlende Angaben zu Therapiefrequenzen
Oft fällt es erst bei der Abrechnung auf – zu spät.
Praxis-Tipp:
Führen Sie eine Eingangskontrolle ein.
Ein kurzes Prüfen aller Pflichtfelder verhindert viele spätere Probleme.
10. Digitale Abrechnungsfehler vermeiden: IK und Datenübermittlung korrekt einsetzen
Auch die Technik kann zu Absetzungen führen:
- falsches IK
- veraltete Softwareeinstellungen
- falsche Datenübermittlung nach § 302 SGB V
- alte Preis- oder Vertragsstände
Gerade nach Updates oder Softwarewechseln passiert dies oft unbemerkt.
Praxis-Tipp:
Überprüfen Sie regelmäßig die Einstellungen Ihrer Praxissoftware und Ihre IK-Daten.
Fazit: Abrechnungssicherheit entsteht im Alltag – nicht erst beim Einreichen
Wenn Sie die zentralen Fristen im Blick behalten, Unterbrechungen dokumentieren und klare interne Abläufe schaffen, lassen sich fast alle Abrechnungsprobleme vermeiden.
Die drei wichtigsten Punkte sind:
- Fristen einhalten:
Behandlungsbeginn, Unterbrechungen, Abrechnungsfristen - Dokumentation sichern:
Vollständig, lesbar, nachvollziehbar - Praxisorganisation optimieren:
Checklisten, Routinen, klare Verantwortlichkeiten
So schaffen Sie Sicherheit – und können sich wieder mehr auf das konzentrieren, was Ihnen am Herzen liegt: die Behandlung Ihrer Patientinnen und Patienten.